Bundeswerkstatt – wie es weitergeht

So, viel Zeit ist vergangen. Ich habe am 21. Januar meinen dritten Sohn auf die Welt gebracht – eine lange Reise nach Washington letztes Jahr, Schwangerschaft und Geburt liegen hinter mir. Und viel ist passiert.

Hier die Neuigkeiten zur Bundeswerkstatt.

  • Es gibt einen gemeinnützigen Verein zum Aufbau der Bundeswerkstatt und zur Förderung der kollaborativen Demokratie e.V. Dieser ist für die notwendige Finanzierung der Strukturen und Formate „Bundeswerkstatt“ zuständig. Gründungsmitglieder (vlnr) Johannes Krause von Impuls, Jochen Sandig vom Radialsystem, Dr. Holger Nauheimer von Berlin Change Days, Jascha Rohr und Sonja Hörster vom Institut für Partizipatives Gestalten, Ruha Reyhani von Second Muse und Katrin Faensen, Gründerin von theVirus in Deutschland mit Baby im Bauch…
Die Gründungsmitglieder

Die Gründungsmitglieder

  • Wir haben starke Partner gewonnen,
  1. das Radialsystem, dessen Gründer und Geschäftsführer Jochen Sandig auch Gründungsmitglied unseres Vereins geworden ist. Das Radialsystem wird der Ort sein, an dem die Bundeswerkstatt zu Hause ist. Wir können uns im Augenblick keinen besseren Ort vorstellen. Mit seinen grossen Hallen und kleinen Arbeitsräumen, seinem Ansehen in Berlin und seiner inhaltlichen Ausrichtung als „Space for Arts and Ideas“ bietet es einen idealen Ort partizipative Prozesse, in denen Themen des ganzen Landes bearbeitet werden, durchzuführen.
  2. die Humboldt Viadrina School of Governance mit Stephan Breidenbach als Unterstützer, Mentor und Begleiter unseres Projektes.
  3. und das Institut für Partizipatives Gestalten mit der langjährigen Erfahrung von Jascha Rohr und Sonja Hörster als Prozessdesigner*innen und Theoretikern in Partizipationsprozessen
  • Ende April wird ein Essay in Buchform von Jascha Rohr erscheinen, in dem er seine Gedanken, die ihn zur Idee der Bundeswerkstatt gebracht haben, formuliert und für eine Weiterentwicklung unserer Demokratie in Richtung kollaborative Demokratie plädiert.
  • Es wurde ein Institut für kollaborative Demokratie ins Leben gerufen, welches die Prozessbegleiter der Bundeswerkstatt ausbildet und zertifiziert und auf dem Gebiet von kollaborativen Partizipationsprozessen in unserem demokratischen System forscht.
  • Das TEAM Bundeswerkstatt hat sich gegründet als Team von Prozessbegleitern, die die Prozesse der Bundeswerkstatt durchführen und begleiten können, sich aber auch als Team auf Prozess-Ausschreibungen Dritter bewerben können.
  • Wir haben unseren ersten Mitarbeiter! Benjamin Möller, MA Politische Theorie, unterstützt uns tatkräftig seit dem 15. März.
  • Die Homepage http://www.bundeswerkstatt.de ist um einen Unterstüzteraufruf erweitert worden, den ihr unterzeichnen könnt.

Wir werden jetzt

  1. verstärkt Veranstaltungen besuchen (zum Beispiel sind wir am 11./12. April auf dem Dialog Summit in Lübeck vertreten)
  2. ein Kollaboratorium aufbauen (vgl. Kuratorium) mit bekannten, die Idee mit tragenden, beratenden Persönlichkeiten
  3. Fundraising betreiben und die Finanzierung für die erste Bundeswerkstatt sicherstellen, die, wenn alles klappt, noch dieses Jahr stattfinden wird.
  4. Prozessbegleiter nach den Kriterien der Bundeswerkstatt ausbilden
  5. weitere offizielle Kooperationspartner aufnehmen

Wer uns, wie auch immer unterstützen oder als Partner, Prozessbegleiter, Sponsor dabei sein möchte kann sich hier an uns wenden.

Wie ihr seht und oben geschrieben, ist einiges passiert. Das grosse Schiff kommt in Fahrt. Wir sind gespannt.

getting dressed for the future

Guten Morgen Freunde der konsequenten Schritte.

Ich habe mir gerade Gedanken darüber gemacht, was Innovation bedeutet und wie wir tatsächlich Neues hinbekommen. Mit einem wunderbaren Kollegen, Eric Poettschacher von Shapeshifters (wie gut der Name hier passt), habe ich vor ein paar Wochen ein Angebot für eine Firma gemacht, die sich genau mit diesem Thema beschäftigten und dringend Innovationen „liefern“ müssen. Wie kann so etwas stattfinden?

In-Novation deutet darauf hin, dass entweder etwas irgendwo hinein muss, oder etwas von innen heraus passiert, damit Neues stattfinden oder sichtbar werden kann.

Meine nächste Frage war, was machen wir mit dem Alten? Wenn das Alte noch da ist, wo soll dann das Neue seinen Platz finden? Soviel zum Thema „Feng Shui und die Kunst des Entrümpelns“. Aber wie entrümpeln wir unsere Strukturen? Unsere Organisationen? Unser Hirn?

Und das ist letztendlich die wichtigste und ernsteste Frage. Denn bevor wir nicht mit unserem Gehirn, unserem Denken, unseren inneren Bildern anfangen, ist kein Raum für wirklich Neues, wird alles letztendlich Abklatsch des Alten bleiben. Das Bild, was mir in den Sinn kam, war unser tägliches Aus- und An- und wieder Ausziehen. Wie seltsam sähen wir aus, wenn wir unsere alten Klamotten nie ausziehen würden, sondern immer nur neue an? Kein Wunder, dass wir das Gefühl entwickeln, etwas sei utopisch und geht überhaupt nicht. Mit soviel altem Kram an uns dran, passt ja auch gar nichts anderes 🙂

Also wie schaffen wir das Ausziehen? Hier stehen wir vor einer großen Herausforderung. Erstens, und das sind wir ja fast schon gewöhnt, müssen wir uns über uns selbst klar werden. Wir müssen uns bewusst werden, was unsere alten Sachen sind, die wir noch anhaben. Hierfür sind Gespräche, Meditation, Therapie, Supervision, Aufstellungen, Spiele, Lesen etc. geeignete Methoden. Die Frage nach unserer Geschichte, unserer Familie, den Wohl- und Weh-nissen in unserem Leben. Alter Hut! Eben. Absetzen können wir ihn aber nur, wenn wir überhaupt wissen, dass wir ihn aufhaben. Das heißt, Sich auf den WEG machen, sich bewusst werden, dass wir da noch unpassende, zuviele, nicht mehr schöne, nicht mehr angemessene Kleider tragen. Das ist das wichtigste, um uns auf den Weg zur Innovation zu begeben.

Zweitens – und das ist meines Erachtens im Augenblick die grpße Herausforderung in unserer Gesellschaft, unseren Organisationen, unserem Land und auf dem gesamten Planeten – haben wir KOLLEKTIVE Kleider an. Hilarion Petzold spricht hier mit/nach Serge Moscovici von „kollektiven mentalen Repräsentationen“. Die soziale Theorie dahinter besagt, dass wir in den jeweiligen sozialen Welten in denen wir uns bewegen, Vorstellungen mit den dazugehörigen Menschen teilen und diese Vorstellungen als Repräsentationen in unseren Kollektiven abrufbar und „gespeichert“ sind. Fix sozusagen. Das sind unsere kollektiven Kleider.

Mal ausprobieren? Aufklärung, Führer, Kollaboration (ah – hier verändert sich schon was), Energiewende, Globalisierung… hier steigen bei jedem von uns innere Bilder auf, die wir mit je einem (Groß-)Teil unserer Landsleute teilen. Diese Kleider haben wir „an“. Und wissen es zum Teil gar nicht. Ich habe ein Buch im Regal stehen von Hartmut Radebold, einem Hochschullehrer und Arzt für Psychotherapeutische Medizin und Psychiatrie mit dem Titel „transgenerationale Weitergabe kriegsbelasteter Kindheiten“… Eine Studie über die dritte und vierte Generation nach dem zweiten Weltkrieg, mit der unglaublichen und erschreckenden erforschten Tatsache, dass nicht ausgesprochene Dinge, Bilder in den Träumen der späteren Generationen vorkommen, ohne sie je gesehen oder gehört zu haben! DAS sind alte Kleider, von denen wir nichts wissen! Und dass uns sowas planetar, kollektiv, transgenerational beeinflusst, steht dann wohl ausser Frage.

So. Nun ist kollektives Gewahrwerden angesagt. Und das funktioniert nur, über Austausch, gemeinsame Erfahrungen innerhalb unserer Organisiertheiten. Gewahrwerden über unserer kollektive Geschichte, von der Wiege der Menschheit, bis ins Jetzt. Wie weit wirkt die Industrialisierung und ihre mentalen Repräsentationen von Abläufen, Prozessgestaltung, Menschenbild in unser Bildungssystem, unsere Arbeitsprozesse, unsere Changeprozesse hinein? Was macht eine Erfahrung wie das plötzliche Ende der Weimarer Republik mit unserem Glauben an gute Zukünfte, was hat der zweite Weltkrieg mit der German Angst zu tun?

Also interpretiere ich das Märchen „des Kaisers neue Kleider“ neu. Es ist nicht nur der nackte Kaiser der Depp. Das Publikum ist es genauso, alle voller alter Kleider, der Kaiser ist wenigstens schon nackt. Das ist die Voraussetzung, um überhaupt innovativ gestalten zu können. Das Kind ist die einzig wache Person im Märchen, selbst die Schneider, die die Situation der Menschen und des Kaisers ausnutzen, sind in ihren „Kleidern“ gefangen.

Das heisst, wir müssen kollektiv „nackt“ werden, offen, wach, uns unserer kollektiven Geschichte, unseres gewordenen „Wir“-Seins bewusst werden, bevor kollektive, soziale Innovation stattfinden kann. Das heißt zum Beispiel gemeinsame Feldrecherche ohne vorgefertigte Lösungen, partizipative Prozesse gemeinsamen Annäherns an kollektive Ist-Zustände (feststellen, was wir überhaupt anhaben!) – bevor wir unpassende halbneue Zustände generieren, die uns davor bewahren uns gegenseitig in unserer Verletzlichkeit und Nacktheit zu sehen.

As always. Be aware, share your thoughts, we are one of a kind. Niemand gehört nicht dazu. Was haltet ihr davon?

Let your light shine!

Katrin